Mehr über Sina Beerwald

Meinen offiziellen Lebenslauf kennen Sie bereits, aber welche Person steckt hinter diesen trockenen Fakten?
 
Im Vertrauen gesprochen bin ich dank einer Unmenge dieser kleinen, bunten Fruchtjoghurts groß geworden. Mit über 1,70 m sogar ziemlich groß, würde ich behaupten, was ich wiederum einer Überdosis jenes süßklebrigen Saftes zu verdanken habe, der rote Bäckchen macht. Vielleicht mag ich deshalb heute keine Süßigkeiten mehr – obwohl, wohin verschwinden eigentlich die Berge an weißer Schokolade
in unserem Haushalt?

„Lies mir was vor“, waren vermutlich die ersten Worte, die ich nach Mama und Papa sagen konnte. Manchmal wohl zum Leidwesen meiner Eltern. Meine Mutter betont heute zwar, sie habe mir sehr gerne vorgelesen, oft erschien mir jedoch dieselbe Geschichte beim nächsten Vorlesen merkwürdigerweise etwas kürzer und ich beschloss, der Sache auf den Grund zu gehen.
Sobald ich lesen konnte, tat ich das derart gründlich, dass es bald in unserer Stadtbücherei kein Buch mehr für meine Altersstufe gab, welches ich noch nicht gelesen hatte.
 
In meiner Not begann ich meine eigenen Geschichten zu schreiben und im reifen Alter von zehn Jahren erklärte ich meinem Vater, ich wolle eines Tages Schriftstellerin werden. Er lächelte und sagte, ich solle etwas Ordentliches lernen. Nun gut. Also studierte ich Bibliothekswesen und begann, als Bibliothekarin in einer wissenschaftlichen Bibliothek zu arbeiten. So hatte ich immer genügend Bücher um mich herum.
 
Wie der Weg zur Schriftstellerin weiterging?
 
Es war an einem denkwürdigen Tag im Jahre 2001. Ich saß im Urlaub im Wohnwagen, draußen regnete es in Strömen. Mein Partner sah mich über die dampfende Teetasse hinweg an und fragte mich unvermittelt, was ich in meinem Leben noch so machen wolle. Ich musste nicht lange nachdenken: „Ach, ich würde gerne ein Buch schreiben.“
 
Jetzt war es heraus. Man teilt in einer Beziehung vieles miteinander. Auch Geheimnisse. Jenes hatte ich bislang gehütet wie das Heft mit meinen ersten schriftstellerischen Zeilen. Ich erwartete schallendes Gelächter oder zumindest hochgezogene Augenbrauen, stattdessen sagte mein Partner lapidar: „Dann mach doch.“ Er ist eben sehr praktisch veranlagt. Dann mach doch. Dem kann man schlecht widersprechen.

Und so setzte ich in die Tat um, was jahrelang in mir gereift war. Das Ergebnis war mein erster historischer Roman „Die Goldschmiedin“. Wäre mir klar gewesen, dass Verlage mit Manuskripten überhäuft werden und es nur ein erschreckend geringer Bruchteil dieser Menge bis zur Veröffentlichung schafft – ich hätte mir eine andere Beschäftigung gesucht. Ahnungslos machte ich mich auf einen anstrengenden und steinigen Weg. Es ist nicht nur schwer, einen Verlag zu finden, auch die Literaturagenturen sind mittlerweile überlaufen. Trotzdem nahm mich ein Agent unter seine Fittiche und am Ende ging plötzlich alles ganz schnell. Der Heyne-Verlag griff zu, als ich die Hälfte meines Manuskripts geschrieben hatte. Ein unglaublich schönes Gefühl.
 
Seither sind drei weitere historische Romane erschienen, die alle im 18. Jahrhundert angesiedelt sind und ein altes Handwerk zum Thema haben. Nach der Goldschmiedekunst war es das Uhrmacherhandwerk, dann die Parfümherstellung und schließlich die Medizin. Letzteres Berufsfeld kann man im 18. Jahrhundert noch getrost zum Handwerk rechnen, glauben Sie mir. Mich interessiert hinter all den politischen Bündnissen, Kriegen und Friedensschlüssen immer das Leben der einfachen Menschen und ich suche mir für meine Romane immer ein spannendes Ereignis, über das wir viel - aber eben nicht alles aus den Quellen im Archiv wissen. In den Nachworten zu den Romanen erläutere ich, welche Lücken ich mit meiner Phantasie geschlossen habe.
 
2011 wurde ich Preisträgerin des NordMordAward,des ersten Krimipreises für Schleswig-Holstein und dieser schöne Erfolg bestätigte meinen langgehegten Wunsch, mich in einem neuen Genre auszuprobieren. Ein Wunsch, den auch mein Agent und vor allem mein Verlag engagiert unterstützten. Und so erscheint 2012 mein erster Thriller „Hypnose“, für den ich meine Heimatstadt Stuttgart als Schauplatz ausgewählt habe. Der zweite Thriller „Kräherwald“ ist ebenfalls in Stuttgart angesiedelt. In diesem Jahr begleitet mich noch ein weiteres Projekt, in dem sich auch meine Liebe zur Insel Sylt ausdrückt: Gemeinsam mit dem Windspiel-Verlag habe ich den „1. Sylter Kurzgeschichtenpreis“ ausgeschrieben. Die zwanzig besten Kurzgeschichten werden zusammen mit den Geschichten der drei Preisträger 2013 in der Anthologie „Sylter Strandkorbgeschichten“ veröffentlicht.
 
Seit 2013 treiben auch die Mordsmöwen ihr Unwesen auf Sylt. Die liebenswerte Chaotenbande, die sich durch räuberische Erpressung ihre täglichen Crêpes verdient, kommt einem Mordfall auf die Spur, der die gesamte Insel erschüttert.
 
2014 erhielt ich den Samiel Award für den Sylt-Krimi „Mordsmöwen“, ein außergewöhnlicher Literaturpreis, der eine Lanze für die fiesesten, hinterhältigsten und lustigsten Schurken bricht.
 
2015 erschien der Erlebnis-Reiseführer „111 Orte auf Sylt, die man gesehen haben muss“, der unterdessen die 7. Auflage erreicht hat und zu einem beliebten Reiseführer für die Insel avanciert ist.

Seit 2016 wird ein schwäbisches Rentnerehepaar auf den Sylter Campingplätzen mit ihrem Dackel Gustav in kriminell-lustige Fälle hineingezogen – so haben sie sich ihren Ruhestand auf Sylt nicht vorgestellt. Zum Reetdachhäusle hat das Ersparte leider auch nicht gereicht, aber ein Hauch von Luxus weht ja überall – auch zwischen Chemietoilette und Gemeinschaftsdusche.

Mit den „22 Touren auf Sylt, die man gemacht haben muss“ erschien 2018 ein laufend aktuell gehaltener Tourenguide für Wanderer und Radfahrer, der reich bebildert ist und neben genauen Routenbeschreibungen auch Wissens- und Sehenswertes entlang der Routen beschreibt, die sowohl Inselkenner als auch Neu-Urlauber begeistern.

Zu meiner Genre-Vielfalt zählt seit 2018 auch der Weihnachtsroman „Hauptsache, der Baum brennt“, der in München angesiedelt ist und die Lachmuskeln der Leser strapaziert. Denn eines Morgens steht der Weihnachtsmann – der echte, versteht sich – vor der Tür der Psychologin Sarah Christkind und erklärt ihr, sie sei das neue Christkind, denn das alte Christkind habe er versehentlich bei einem Schlittenunfall umgebracht. Sarah Christkind versucht ihn therapeutisch zu behandeln und muss bald erkennen, dass er wirklich nur den Nordpol und nicht den Alltag in einer modernen Großstadt kennt – das Chaos nimmt seinen Lauf.

Ein Herzensprojekt zur Sylter Geschichte ist mein 2019 erschienenes Buch „111 Orte auf Sylt, die Geschichte erzählen“ - für alle, die sich auf fundierte und zugleich unterhaltsame Weise über die Sylter Geschichte informieren möchten. Fotos im „Früher-Heute-Vergleich“ illustrieren die Veränderungen an den jeweiligen Orte, wo Geschichte geschrieben wurde.

Urlaub mit Kindern – das stellt viele Eltern vor die Frage nach besonderen Attraktionen und spannenden Unternehmungen mit den Kids. Mein 2020 erschienener Erlebnis-Reiseführer „111 Orte für Kinder auf Sylt“ liefert hier praktische und nicht alltägliche Tipps.

Da ich selbst meinen Urlaub am liebsten auf der Nachbarinsel Föhr verbringe, war es nach zahlreichen Aufenthalten dort an der Zeit, die Ergebnisse meiner spannenden Recherchen in dem Erlebnis-Reiseführer „111 Orte auf Föhr, die man gesehen haben muss“ zusammenzutragen und selbst Insulaner mit neuen Informationen zu begeistern, die noch in keinem Reiseführer stehen.

Seit 2020 habe ich an meiner dreibändigen Sylt-Saga gearbeitet, die das Leben auf Sylt zwischen 1913 und 1945 beschreibt. Band 1 „Die Strandvilla“ und Band 2 „Das Dünencafé“ haben es beim LovelyBooks Leserpreis, dem größten Leserpreis für den deutschsprachigen Raum, auf die Shortlist geschafft. „Die Strandvilla“ wurde 2020 und „Das Dünencafé“ 2021 beim LovelyBooks Leserpreis ausgezeichnet.
„Das Inselmädchen“ markiert 2022 den krönenden Abschluss der erfolgreichen Sylt-Saga.